Degustations-Halle 7
Wenige Stunden nach Abschluss der 58. OLMA brannte die Degustationshalle 7 vollständig ab. Das Ereignis brachte den grossen emotionalen Wert dieser Halle ins Bewusstsein und löste ein nationales Medienecho aus.
«Nie mehr am föfi im Sibni»
Nationales Medienecho
Schnelle Ersatzlösung mit den Hallen 4 und 5
Keine Brandstiftung
Entstehung der Halle 7
Eine Zelthalle als Provisorium
Eine Holzhalle ab 1953
Hotel statt Degustationshalle?
«Ein städtebaulicher Merkpunkt»
Im Hochhaus ein Hotel
«Nie mehr am föfi im Sibni»
Über Jahrzehnte war für OLMA-Fans ein Besuch der Degustationshalle 7 ein absolutes Muss. Hier kamen sich spätere Eheleute näher, hier feierten ganze Belegschaften ihren Feierabend, hier traf man Freunde, die man längst aus den Augen verloren hatte. Die Halle 7 war während der OLMA das Herzstück des gesellschaftlichen Lebens in St.Gallen. «Am föfi im Sibni» lautete ein geflügeltes Wort und alle wussten, was damit gemeint war. Dann geschah das Unfassbare: In der Nacht auf den 23. Oktober 2000 brannte die 1953 als Provisorium gebaute, legendäre und weit über die Region hinaus bekannte, beliebte und berüchtigte Degustationshalle 7 – etwas unschön auch «Fress- und Saufhalle» genannt – mit allem Inventar vollständig bis auf die Grundmauern ab. Totalschaden! Keine Chance, das alte Holzgebäude zu retten, trotz raschem Eintreffen der Feuerwehr. Die Brandursache blieb im Rauch verschollen. Bei dem Grossbrand kamen keine Personen zu Schaden. S‘Sibni wurde im Folgejahr durch die Zelthalle Nummer 6 ersetzt, der Degustations-Platz wurde zum Parkplatz.
Die Feuerwehr verbrauchte zum Löschen des Brandes 15‘000 Liter Wasser pro Minute aus den umliegenden Hydranten, total 780‘000 Liter. Das entspricht etwa 10% des damaligen städtischen täglichen Wasserverbrauchs.
Glücklicherweise kamen bei dem Grossbrand keine Personen zu Schaden, und es bestand auch keine Gefährdung der Tiere im nahe gelegenen Stallzelt. Die Nachbarschaft wurde dank der beeindruckenden Leistung von Feuerwehr, Polizei und weiteren Rettungs- und Hilfsdiensten nur in geringem Masse in Mitleidenschaft gezogen. Als Glück im Unglück kann der Umstand bezeichnet werden, dass der Brand nach Abschluss der OLMA passierte; ein Brand während der Messe hätte für alle Beteiligten weit schwerwiegendere Folgen mit sich gebracht. Die Brandursache ist bis heute ungeklärt.
Nationales Medienecho
Das Brandereignis löste ein nationales Medienecho aus. Zum Medientermin auf dem Brandplatz am Morgen danach erschienen zahlreiche Journalisten.
Auch das Radio SRF, Regionaljournal Ostschweiz, berichtete über das Grossereignis.
Es gab Live-Interviews vor der Brandruine für die abendlichen Nachrichtensendungen von Fernsehen DRS und dem Ostschweizer Fernsehen TVO.
Chronologie des Brandes: Der Hallenchef des «Sibnis» hatte seine Halle am Sonntagabend um 22 Uhr als Letzter verlassen – ihm war nichts Verdächtiges aufgefallen. Um 22.47 Uhr, nur wenige Stunden nach Messeschluss, ging bei der Feuerwehr der Alarm ein: «Halle 7 brennt». Das Feuer breitete sich mit rasender Geschwindigkeit aus. Als der Löschzug zwei Minuten später am Schadenplatz eintraf, stand die Halle bereits in Vollbrand. Zusätzliche Feuerwehren wurden aufgeboten, schliesslich standen rund 250 Feuerwehrleute und 100 Polizisten im Einsatz, um jenen Brand zu löschen, vor dem man sich in der Stadt seit Jahren immer gefürchtet hatte. Ein Übergreifen des Feuers auf die umliegenden Häuser konnte verhindert werden, beschädigt wurden lediglich einige Fassaden und ein paar Autos, die in der Nähe parkiert waren. Die Feuerwehr evakuierte 29 Personen aus 7 Gebäuden, das sei nicht einfach gewesen, da einige bereits geschlafen und auf Rufen und Klopfen der Polizei nicht reagiert hätten. In solchen Fällen brach die Polizei die Türen auf und transportierte die Evakuierten in die Zivilschutzanlage Schellenacker, wo sie von speziell geschultem Personal psychologisch betreut wurden. Auch Gäste des nahen Hotels Gallo mussten evakuiert werden. Die meisten Anwohner konnten um zwei Uhr wieder in ihre Häuser zurückkehren. Um Mitternacht wurde eine erste Medienkonferenz für die in grosser Zahl erschienenen Journalisten durchgeführt. Am Morgen nach dem Grossbrand in der Halle 7 war ersichtlich, der Degustationstempel war über Nacht in Schutt und Asche versunken.
PDF (Der etwas andere Nachbrand St.Galler Tagblatt, 24. Oktober 2000 Beda Hanimann)
Schnelle Ersatzlösung mit den Hallen 4 und 5
Einige Fantasten wollten das «Sibni» am selben Ort wieder aufbauen – chancenlos. Der emotionale, aber auch betriebliche Handlungsbedarf und die kurzfristig nicht mögliche Planung und Finanzierung einer neuen Halle legten eine schnelle Ersatzlösung für das Degustationsangebot nahe. Bereits ein Jahr nach dem Brand der legendären Halle 7 im Jahr 2000 fanden die Aussteller Ersatz für die Präsentation ihres Angebots. Alle grösseren Brauereien und viele Weinhändler aus der Schweiz sind vertreten. Zur Gewährleistung der Sicherheits- und Betriebsanforderungen mussten diese beiden Hallen aufgerüstet werden, vorab mit Rauch- und Brandmeldern, Sprinkleranlagen, neuen Notausgängen und Brandabschnitten. Auf dem Grundstück des ehemaligen «Sibni» konnte die OLMA die verlorengegangene Ausstellungsfläche in der Zelthalle (F6) kompensieren. Ausserhalb der OLMA wird dieses Areal seither als bewirtschafteter Parkplatz genutzt. Heute trifft man sich in den Hallen 4 und 5, wo der Degustationsbereich im Olma-Areal seinen neuen Platz gefunden hat. Die Degustationshallen sind so beliebt, dass 2010 aus Sicherheitsgründen erstmals in Spitzenzeiten eine Zutrittsbeschränkung eingeführt werden musste.
Keine Brandstiftung
Unter dem Titel «Keine Brandstiftung», berichten die St.Galler Nachrichten am 9. August 2001 darüber, dass die Halle 7 wohl nicht mutwillig angezündet worden sei. Sie berufen sich dabei auf Werner Gächter, den Direktor der Gebäudeversicherungsanstalt St.Gallen. Für diesen fällt Brandstiftung ausser Betracht, «da keine Brandbeschleunigungsspuren beobachtet werden konnten». Ausserdem hätte der Brandstifter wohl beim Verlassen des Gebäudes beobachtet werden müssen. Aufgrund dieser Sachlage vermutet Gächter die Brandursache bei der Nachlässigkeit eines Ausstellers oder allenfalls einen technischen Defekt. Dies habe mit grosser Wahrscheinlichkeit zum Grossbrand geführt. Die GVA bezahlte nach dem Brand 5,7 Millionen für den Umbau der bestehenden Hallen 4 und 5 in sichere Degustationshallen und für die Instandstellung der umliegenden Bauten. Für diesen Betrag hätte keine neue Degustationshalle auf dem alten Areal gebaut werden können.
Entstehung der Halle 7
Eine Zelthalle als Provisorium
1952 tauchte erstmals und solitär die Halle 7, damals noch als Zelthalle vis-à-vis des Hadwig Schulhauses auf. Darin befanden sich Degustationen und Küchenartikel, daneben Aussteller im Freien. Mit Beschluss Nr. 1919 vom 20. Februar 1953 ermächtigte der Stadtrat «die OLMA-Leitung, auf dem der Stadt gehörenden Areal Ecke Sonnenstrasse/Jägerstrasse (…) eine «provisorische Messehalle» erstellen zu lassen». Die Dauer dieses Provisoriums wurde vorläufig auf sechs Jahre festgesetzt – nach der Realisierung einer definitiven Messebaute werde die Halle abgebrochen.
Eine Holzhalle ab 1953
Das fragliche Grundstück an der Sonnenstrasse sei eigens für OLMA-Zwecke erworben worden. Die OLMA versprach sich von der vorgeschlagenen Lösung, bei welcher auf den jährlich wiederkehrenden Aufbau und Abbruch verzichtet werden könne, eine wesentliche Kostenersparnis und überdies eine bessere Ausnützung des Platzes, da das projektierte Gebäude eine Galerie enthalte. «Auch besteht die Absicht, die Messe thematisch neu zu ordnen, wozu eine intensive Ausnützung der Liegenschaft Sonnenstrasse/Jägerstrasse nach der Meinung der Messeleitung ebenfalls unerlässlich ist.» Seit 1953 stand also die allseits bekannte Holzhalle Nr. 7 als Degustationstempel... bis zum Brand im Jahr 2000. Zur baulichen Entwicklung ist hier mehr zu finden.
Hotel statt Degustationshalle?
«Ein städtebaulicher Merkpunkt»
2006 kam ein Gestaltungsplan «Olma Kongress- und Konferenzgebäude mit Hotel» ins Parlament. Auf dem freigewordenen Gelände der ehemaligen Halle 7 an der Ecke Sonnen-/Jägerstrasse sollte ein Kongresszentrum mit Hotel entstehen. Das Kongress- und Eventgeschäft werde immer wichtiger und biete «grösstes Entwicklungspotenzial». Daher benötigen die Olma Messen St.Gallen zusätzliche Räumlichkeiten, die explizit auf diesen Kongressbetrieb zugeschnitten seien, die Rede war von einem 41m hohen Turmgebäude – angeblich «ein städtebaulicher Merkpunkt».
Im Hochhaus ein Hotel
Insgesamt sollten Kongress- und Konferenzräume mit Foyer für 700 bis 1‘100 Personen entstehen, im Hochhaus ein Hotel mit 158 Zimmern. Ende 2007 entschied der Stadtrat den auf der Basis dieses Projektes ausgearbeiteten Gestaltungsplan nicht aufzulegen und von den Olma Messen St.Gallen einen Neuanfang mit Architekturwettbewerb einzufordern. Die Genossenschaft Olma Messen St.Gallen erledigte ihre Hausaufgaben und brachte Ende 2009 ein neues Projekt für ein «Olma Kongress- und Konferenzgebäude mit Hotel» ins Spiel. In der Folge entbrannte ein Rechtsstreit um das 45 Millionen Franken schwere «Conference Centrum», der schliesslich vom Verwaltungsgericht entschieden wurde. Ein privates Hotel in der Zone für Öffentliche Anlagen auf dem Areal der ehemaligen Halle 7 sei rechtswidrig, hiess es. Zudem hätte der Stadtpräsident und gleichzeitige Olma-Verwaltungsratspräsident beim Entscheid über die Einsprachen in Ausstand treten müssen, rügten die Richter.